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Ilja Senn, 2002 | Zürich, ZH

 

In meiner Arbeit geht es um eine autobiografische Graphic Novel, welche von meinem Austauschjahr in Kanada handelt. Ich analysiere meinen Arbeitsprozess, die Theorie hinter dem Schreiben und Zeichnen einer Graphic Novel und mein Werk in Verbindung zu anderen Werken und Arten von sequenzieller Kunst. Ich befasse mich dabei mit meinen gestalterischen Entscheidungen und Herausforderungen.

Fragestellung

Ich fragte mich, wie ich mein Austauschjahr in Form einer Graphic Novel visualisieren kann. Ich wollte diese für mich prägenden Erlebnisse durch meine Zeichnungen zum Ausdruck bringen und dabei auch die Lesenden daran teilhaben lassen. Da stellte sich auch die Frage, wie ich durch Bilder nicht nur die Geschichte erzähle, sondern auch Stimmungen und Gefühle zum Ausdruck bringen kann. Und wie ich ein ganzes Jahr an Erinnerungen so reduziere, dass der Leser der Geschichte noch folgen kann: Was lasse ich weg und wo schmücke ich aus?

Methodik

Das Zeichnen der Graphic Novel erfolgte in verschiedenen Etappen. Die erste Komponente war die Geschichte. Zwar konnte ich auf meine Erlebnisse zurückgreifen, musste diese aber komprimieren und in einer für unbeteiligte, lustigen oder spannenden Art erzählen. Die vielen Skizzenhefte, in die ich während des Jahres täglich gezeichnet hatte, dienten mir dabei als Fundus und waren mir eine grosse Hilfe. Nachdem ich die passenden Erinnerungen ausgewählt hatte, erstellte ich ein Storyboard. Mit diesem zeichnerischen Drehbuch plante ich das Layout, die Sprechblasen, Körpersprache und «Kamerawinkel». Damit konnte ich mir einen Überblick verschaffen, der mir beträchtlich bei den Reinzeichnungen half. Diese malte ich mit Tusche auf A3-Papier, welches ich für den Druck wiederum auf ein A4-Format verkleinerte. Digital fügte ich die Sprechblasen und deren Inhalte ein. Als letzter Schritt kam der Druck der Graphic Novel.

Ergebnisse

Durch diesen Arbeitsprozess entstand eine gedruckte Graphic Novel von 50 Seiten. Darin erzähle ich durch drei- bis fünfseitige, episodenartige Erlebnisse mein Jahr. Jede Seite ist dabei die Quintessenz von diversen gestalterischen Entscheidungen, in die meine zeichnerische Erfahrung und mein neu erworbenes Wissen eingeflossen sind. Auf einer emotionalen Ebene erlaubte mir die Arbeit, das Jahr nochmals zu durchleben und durch den Perspektivenwechsel meine Gefühle und Erfahrungen neu zu reflektieren.

Diskussion

Ich konnte viel von meiner Arbeit profitieren. Auf einer weiteren Ebene kann man beim Lesen der Graphic Novel eine gestalterische und inhaltliche Entwicklung wahrnehmen. Der Erzählfluss der Geschichte ist zu Beginn eher langsam und stockend. Die späteren Episoden sind vergleichsweise kompakter und unterhaltsamer. Auch die Zeichnungen haben gegen Ende weniger Leerräume und eine anfängliche Unruhe und Unsicherheit im Strich scheint verschwunden. Umso mehr gibt es Aspekte, die ich im Nachhinein und mit mehr Zeit anders gemacht hätte. So zum Beispiel die Platzierung der Sprechblasen, Wahl der Schriftart oder die Planung des Layouts. Beispielsweise würde eine selbst gestaltete Schriftart oder direkt auf das Blatt geschriebene Handschrift das einheitliche Gesamtbild der Graphic Novel nochmals verstärken. Die Computerschrift, die ich verwendet habe, erzeugt eine Dissonanz mit den analog gemalten Tuschezeichnungen.

Schlussfolgerungen

Grundsätzlich bin ich aber zufrieden mit meiner Arbeit. Ich konnte meine abstrakten Erinnerungen komprimieren und erfolgreich in eine Geschichte umwandeln. Weiterhin ist es mir gelungen, diese Geschichte in meinem persönlichen Zeichenstil grafisch darzustellen. Aufgrund des sechsmonatigen Zeitrahmens musste ich aber auch mehrere Kompromisse eingehen. Die Graphic Novel hätte mit mehr Zeit noch viel an Professionalität und umfassender Qualität gewinnen können. Auch eine extensivere Planung und so das Vorbeugen von Fehlern und Ungenauigkeiten wäre dann möglich gewesen. So hätte ich zum Beispiel die Beschriftung der Sprechblasen manuell gestalten können.

 

 

Würdigung durch die Expertin

Michaela Blaser

Mit «Abroad, a year in Ottawa» hat Ilja Senn eine umfangreiche Graphic Novel geschaffen, welche von seinem Austauschjahr in Kanada erzählt. Die sehr persönliche Grundlage lässt die Lesenden in die Gedanken und Gefühlswelt des Hauptprotagonisten eintauchen. Anhand einer kritischen Auseinandersetzung mit verschiedenen Bildwelten findet Ilja Senn geeignete Mittel, um seine Geschichte in seinem eigenen Zeichenstil zu erzählen. Ilja Senn beweist neben seinem grossen zeichnerischen Talent viel Feingefühl für die Auslegung seiner Geschichte.

Prädikat:

sehr gut

 

 

 

Kantonsschule Wiedikon, Zürich
Lehrerin: Regula Stettler