Chemie | Biochemie | Medizin

Julian Virchow, 2002 | Davos Platz, GR

Infolge des stetig steigenden Bedarfs an Kunststoffprodukten lassen sich Mikroplastikpartikel (Ø < 5 mm) vermehrt in der Atemluft detektieren. Die Folgen einer Inhalation sind weitgehend unbekannt. In den in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen wurden Bronchialepithelzellen (BEAS-2B) mit Polystyrolpartikeln inkubiert. Die Zytotoxizität der Partikel, die Zellviabilität, die Zellproliferation und die Aufnahme von Partikeln in die Zelle wurden untersucht. Die Resultate zeigten, dass sehr hohe Mikroplastikkonzentrationen (1000 µg/cm2) die Viabilität erkennbar einschränken, wohingegen niedrigere Dosierungen kaum einen Einfluss hatten. Auch die Proliferation war kaum von der Partikelkonzentration beeinflusst worden. Die Annahme ist möglich, dass Partikel nach kurzer Zeit in die Zellen aufgenommen werden, wohingegen sie sicherlich zumindest an der Zellmembran haften. Sehr hohe Mikroplastikkonzentrationen in der Lunge können – vor allem wenn Abtransportmechanismen beeinträchtigt sind – Schädigungen hervorrufen, wohingegen niedrigere, realistische Konzentrationen zumindest kurzfristig nicht ausserordentlich schädlich erscheinen. Die Langzeitfolgen des Kontakts sind jedoch weiterhin unbekannt.

Fragestellung

Das Ziel der Arbeit war es, gewisse Auswirkungen von Mikroplastikpartikeln auf menschliche Bronchialepithelzellen zu untersuchen. Untersucht wurden dabei die Zytotoxizität der Partikel (24 h), die Viabilität nach dem Kontakt zu Partikeln (24 h und 48 h), der Einfluss der Partikel auf die Zellproliferation (72 h) und eine mögliche Aufnahme der Partikel ins Zellinnere bzw. eine Adsorption der Partikel. Letztere sollte durch Konfokalmikroskopieaufnahmen bildlich dargestellt werden.

Methodik

Zur Untersuchung der Zytotoxizität verschiedener Konzentrationen (0–1000 µg/cm2) der SPHERO™Polystyrene Partikel wurde ein LDH Zytotoxizitätsassay verwendet. Die Viabilität wurde einerseits durch die Verwendung eines AlamarBlueTM-Viabilitätstests und andererseits mithilfe des 7AAD-Farbstoffes per Durchflusszytometrie gemessen. Zur Ermittlung der Proliferation wurde auf das CytoSelectTM Proliferationsassay von Cell Biolabs zurückgegriffen. Zur Untersuchung der Aufnahme der Partikel wurde – wie auch schon beim 7AAD-Test – das Galios Durchflusszytometer von BeckmanCoulter verwendet.

Ergebnisse

Die Zytotoxizität der Partikel schien bis zur Konzentration von 250 µg/cm2 um bis zu 11,5 Prozent anzusteigen. Bei geringen Konzentrationen war die Zytotoxizität minimal. Bei den Viabilitätsuntersuchungen zeigte sich ein ähnliches Bild: Geringe Konzentrationen führten zu minimalen Abweichungen von maximal vier Prozent und nur die höchste Konzentration von 1000 µg/cm2 führte zu einer Beeinträchtigung um bis zu 20 Prozent. Aus Voruntersuchungen zur Partikelaufnahme liess sich anhand verschiedener Lichtsignalstärken ([Kontrolle] 20 µg/ml, 37 °C: 143,4 °C, 20 µg/ml: 1511 und 37 °C, 20 µg/ml: 7477) ein Einfluss der Partikel und der Temperatur erkennen.

Diskussion

Die Zytotoxizitätsuntersuchung erwies sich als nicht geeignet für Mikroplastikpartikel, weshalb auf die Viabilität zurückgegriffen werden musste: Dort scheint es, als ob geringe Konzentrationen (< 250 µg/cm2) die Viabilität kaum beeinflussen, wohingegen die sehr hohen, aber in der Natur höchstwahrscheinlich unrealistischen Konzentrationen von 1000 µg/cm2 die Viabilität sichtlich minderten (4,2 %, 7,52 %, 79,76 %). Die unterschiedlichen Lichtsignalstärken der Durchflusszytometrieuntersuchungen lassen sich auf den Einfluss der unterschiedlichen Temperaturen zurückführen. Eine mögliche Vermutung ist, dass bei 37 °C die Partikel ins Zellinnere aufgenommen wurden, wohingegen sie bei 4 °C nur an der Membran hafteten.

Schlussfolgerungen

Der zytotoxische Effekt der Partikel im untersuchten Zeitraum in realistischen Konzentrationen war klein, wobei auch Stoffe mit geringer Zytotoxizität Krankheiten hervorrufen können. Mögliche Langzeitfolgen infolge eines Kontakts und einer möglichen Aufnahme ins Zellinnere bleiben unbekannt und könnten eine Gefahr darstellen. Gebräuchliche Kunststoffe enthalten – im Gegensatz zum untersuchten Kunststoff – Additive, die nachweislich schädlich sind. Die Gefahr des Kunststoffs liegt wohlmöglich nicht im Kunststoff selbst, sondern in den Additiven.

Würdigung durch den Experten

Dr. Remo Campiche

Herr Julian Virchow untersuchte die Auswirkung von Mikroplastik auf Bronchialepithelzellen. Dazu hat er diese mit Polystyrolpartikeln inkubiert. Mit Hilfe mehrerer standardisierter Methoden hat er den Einfluss der Partikel auf die Lebensfähigkeit der Zellen bestimmt, und er liefert erste Anhaltspunkte dafür, wie die Partikel ihre Wirkung auf die Zellen entfalten. Seine systematisch durchgeführte Arbeit hat Herr Virchow in den gesellschaftlichen Rahmen des Problems mit Mikroplastik in der Umwelt gestellt. Seine Erkenntnisse können als Basis für weitere Untersuchungen mit Mikroplastik und Zellen dienen.

Prädikat:

gut

Schweizerische Alpine Mittelschule Davos, Davos-Platz
Lehrerin: Eva Schornbaum