Physik | Technik

 

Jason Bläsig, 2003 | Cham, ZG
Jan Lott, 2003 | Sins, AG

 

Moderne Hightech Prothesen, welche heute auf dem Markt sind, können schon sehr viele Funktionen der menschlichen Hand ersetzen. Jedoch sind diese auch sehr teuer und man bezahlt schnell einmal mehrere zehntausend Franken. Auf der Welt leben rund 24 Prozent der Menschen mit einem Einkommen von umgerechnet weniger als CHF 3.00 am Tag (Stand März 2022). Für solche Menschen ist es praktisch unmöglich, eine moderne Prothese und den damit verbundenen Komfort zu erhalten. Moderne Hightech Prothesen werden schon heutzutage über die verbliebenen Muskeln und deren Signale gesteuert. Günstige Varianten gibt es, jedoch büssen diese meistens sehr viel an Funktionalität ein. Wie man sieht, ist die Forschung schon weit vorangeschritten, aber der Preis für Prothesen ist nach wie vor sehr hoch. Gibt es diesbezüglich keine besseren Lösungen?

Fragestellung

Kann man mit günstigen und einfachen Mitteln eine Handprothese bauen, möglichst ohne dabei Funktionen einzubüssen? Um Prothesen auch für Personen zugänglich zu machen, welche mit einem sehr kleinen Einkommen leben müssen, braucht es günstigere Prothesen. Dabei stehen uns einige Möglichkeiten zur Verfügung, zum Beispiel der 3D-Druck. Dieser gewinnt jährlich mehr an Bedeutung, sei es für die Prototypenentwicklung Zuhause, für zukünftige Häuser auf der Erde und gar auf dem Mars, oder sogar für den Bau von Raketen für die Raumfahrt. Der 3D-Druck ist in immer mehr Branchen anzutreffen.

Methodik

Wir entschieden uns sehr schnell für den 3D-Druck als Grundlage für unsere Handprothese. Alle mechanischen Teile der Hand wurden zuerst in SolidWorks konstruiert und danach mit dem Prusa i3 MK3S, einem günstigen, aber renommiertem Drucker, ausgedruckt. Dabei wurden rund 62 Meter PLA-Filament verbraucht. Die Software- und Elektronikentwicklung sollte ebenfalls kostengünstig und einfach bleiben. Daher benutzten wir einen Arduino Nano Every und programmierten diesen mit dem zugehörigem Software Tool Arduino IDE. Die elektronischen Schemas sowie Leiterplattenlayouts wurden in KiCAD gezeichnet, einem gratis Open Source Programm mit einfacher Handhabung. Durch unsere Berufslehren als Automatiker und Konstrukteur hatten wir beide bereits Wissen in der Konstruktion sowie in der Elektronik- und Softwareentwicklung.

Ergebnisse

In der Theorie wäre pro Motor ein Drehmoment von 0.17Nm möglich. Aufgrund von diversen Verlusten kann man dies nicht auf den ganzen Finger rechnen, weshalb die Griffkraft gemessen wurde. Unsere Hand erreicht eine Griffkraft von ca. 3 kg und könnte, ohne aktive Drosslung durch die Software, die Finger mit einer Geschwindigkeit von 0.1s/60 Grad bewegen. Dazu konnten wir ein Gesamtgewicht der Hand von rund 340g (nur die Hand) 580g (mit Sockel) erreichen. Damit ist unsere Hand sogar noch ein wenig leichter als andere Hightech Prothesen. Die Kosten einer einzelnen Hand belaufen sich dabei auf knapp CHF 200. Das ist deutlich günstiger als alle vergleichbaren Prothesen, oder auch günstiger als die meisten Smartphones heutzutage. Leider hat unsere Hand noch einige kleine Probleme hier und dort. Deshalb konnten wir noch keine zufriedenstellende Zuverlässigkeit erreichen. Jedoch kann man dies mit noch genaueren 3D Druckern, anderen Herstellungsverfahren oder auch leichten Korrekturen bei der Konstruktion sicher erreichen.

Diskussion

Konnten wir denn nun unsere Fragestellung beantworten? Ja, auf jeden Fall, wir konnten ein sehr zufriedenstellendes Resultat erreichen. Wir mussten nur wenig an Funktionalität einbüssen. Da unsere Hand nur auf CHF 200 reine Materialkosten kommt, sind wir auch sehr tief mit dem Preis, sogar noch tiefer als wir es uns erhofft haben. Hätten wir schon etwas früher mit dem Testen begonnen, hätten wir noch mehr Fehler finden und verbessern können. Das hätte sich sicherlich positiv auf die Zuverlässigkeit ausgewirkt. Wir haben aber beide die Motivation, diese kleinen Dinge noch zu beheben.

Schlussfolgerungen

Rechnet man die Anschaffungskosten der 3D-Drucker und die Arbeitsstunden für den Druck und Zusammenbau nicht mit, sind wir mit CHF 200 sehr tief im Preis. Aber auch mit Einbezug von diesen zwei Faktoren sind wir immer noch sehr kostengünstig. Mit der enorm grossen 3D-Makercommunity die es gibt, könnten solche Prothesen auch dauernd weiterentwickelt und personalisiert werden. Insgesamt kann man sagen, dass der 3D-Druck zukünftig ein riesen Potenzial hat. Mit unserer Arbeit konnten wir diesbezüglich bereits einen Einblick geben. Die Möglichkeiten sind wohl unendlich vielfältig und zudem für praktisch jeden zugänglich.

 

 

Würdigung durch den Experten

Dr. Maurizio Gullo

3D Druck zu Herstellung von Gelenkprothesen ist ein aufkommendes Forschungsgebiet mit zahlreichen Anwendungen. Dass aktive orthopädische Prothesen, insbesondere Hand Prothesen für die meisten Patienten noch unerschwinglich sind, ist von Herrn Bläsig und Herrn Lott richtig erkannt worden. Ihr Projekt zur Herstellung einer bionischen Hand ist eine brillante Reaktion auf die Problematik. Die Arbeit überzeugt durch ihre Relevanz, technischer Ausführung und nicht zuletzt durch grossen Enthusiasmus.

Prädikat:

sehr gut

Sonderpreis Institut für Geistiges Eigentum, IGE – Swiss Innovation Forum

 

V-Zug AG
Lehrer: Ignaz Henzen

Roche Diagnostics International AG, Rotkreuz
Lehrer: Markus Kaelin