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Christin Pandiamakkal, 2002 | Liestal, BL

 

Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, das ist ein globales Diskussionsthema in der heutigen Zeit. In vielen Ländern und Berufsfeldern wird auf verschiedenen Ebenen daran gearbeitet, dass für Frauen und Männer Chancengleichheit herrscht. In meiner Arbeit habe ich mich auf die Frage der Gleichstellung im spezifischen Kontext der syro-malabarischen Kirche in Kerala – einem südwestlichen Bundestaat Indiens – fokussiert. Dabei galt es einerseits, herauszufinden, ob bzw. inwiefern es eine Geschlechtergleichstellung in dieser Kirche gibt. Andererseits ging es darum, die persönlichen Sichtweisen und Wahrnehmungen von Frauen in diesem kirchlichen Kontext zu erfassen und zu erarbeiten. Denn für ein differenziertes Urteil war es mir wichtig zu erfahren, ob das von mir wahrgenommene Problem der fehlenden Geschlechtergleichstellung auch von dortigen Frauen als solches wahrgenommen wird.

Fragestellung

Inwiefern haben Frauen in der syro-malabarischen Kirche in Kerala Zugang zu kirchlichen Positionen und wie empfinden dies einheimische Frauen? Diese Fragestellung liegt meiner Maturarbeit zugrunde.

Methodik

Da der Zugang zu Literatur über die syro-malabarische Kirche in der Schweiz begrenzt ist, habe ich mich stark auf mündliche und schriftliche Auskünfte von syro-malabarischen Pfarrern und auf Recherchen im Internet gestützt. Um Einblicke in das Leben der syro-malabarischen Frauen in Kerala zu gewinnen, habe ich Interviews mit ihnen geführt. Um ein möglichst differenziertes Bild zu bekommen, habe ich meine Interviewpartnerinnen nach unterschiedlichen Altersklassen, Berufen und Wohnumgebungen ausgewählt. Das gewonnene empirische Material habe ich mittels eigener Hypothesen zur Korrelation zwischen den sozialen Kriterien und der Einstellung der Frauen zur Geschlechterfrage in ihrer Kirche überprüft. Bei der Zusammenstellung meines Fragekatalogs habe ich mich an der SPSS-Methode für teilstandardisierte Interviews orientiert. Dadurch sollte das Spektrum der Antwortmöglichkeiten möglichst breit gehalten werden. Die anschliessende Transkription der Gespräche hat mir eine präzisere Auswertung der Ergebnisse ermöglicht.

Ergebnisse

Aus den Recherchen und der Auswertung der Interviews hat sich ergeben, dass Frauen in der syro-malabarischen Kirche gemäss offizieller Kirchenordnung nur zu einem Bruchteil der Ämter einen Zugang haben. In der syro-malabarischen Kirche können Frauen keine geweihten Amtsträgerinnen werden im Sinne eines Diakonen- oder Priesteramtes. Dafür stehen ihnen diverse Laienämter wie Theologinnen oder Katechetinnen offen. Die Interviews haben auch gezeigt, dass viele einheimische Frauen sich eine Chancengleichheit in ihrer Kirche wünschen, sich aber aus Angst vor negativem Ansehen in der Gesellschaft nicht trauen, ihren Wunsch laut auszusprechen. Die syro-malabarischen Frauen stehen in einem Spannungsfeld zwischen kultureller Tradition auf der einen und moderner Denkweise auf der anderen Seite.

Diskussion

Es konnte in Erfahrung gebracht werden, dass in der vorgeblich homogenen Masse der schweigenden und gehorsamen Frauen auch Kämpfernaturen versteckt sind. Dennoch repräsentieren meine Interviewpartnerinnen nur einen kleinen Teil der Gesamtheit aller syro-malabarischen Frauen in Kerala. Deshalb lässt sich aus meiner Arbeit kein generalisierender Schluss ziehen, dass die Mehrheit aller syro-malabarischen Frauen für die berufliche Chancengleichheit von Frauen und Männer in der Kirche einstehen. Die von mir aufgestellten Hypothesen wurden widerlegt. Unabhängig von den erwähnten Faktoren kamen sehr unterschiedliche Sichtweisen zum Ausdruck.

Schlussfolgerungen

Für die Zukunft der syro-malabarischen Kirche gibt es zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten. Um meine Frage im Titel der Arbeit aufzugreifen, ob eine indische Päpstin ein Ding der Möglichkeit ist, lässt sich optimistisch betrachtet auf eine positive Entwicklung hoffen. Und sollte es eines Tages tatsächlich so weit sein, wird der Weg dorthin weder kurz noch einfach sein. Aber vielleicht wird, wie eine der einheimischen Frauen es so schön im Interview gesagt hat, die heute noch unvorstellbare Zukunft von einer weiblichen Päpstin eines Tages unsere Normalität sein. Meine Maturarbeit ist somit nicht nur den einheimischen Frauen und Männern aus Kerala gewidmet. Sie richtet sich auch an alle Frauen und Männer der Welt, welche die Ungleichheit der Geschlechter auch in ihrer Kirche wahrnehmen.

 

 

Würdigung durch den Experten

Prof. Dr. Samuel Behloul

Christin Pandiamakkal erarbeitet am Beispiel der im Westen wenig bekannten syro-malabarischen Kirche in Indien die Frage der Zulassung von Frauen zu höheren Kirchenämtern. Dabei gelingt es ihr auf überzeugende Weise die Fragestellung sowohl in den sozio-kulturellen Kontext der indischen Gesellschaft als auch in den Kontext der allgemeinen Diskussion über die Gleichberechtigung der Geschlechter einzuordnen. Die Befragungen von Frauen und Amtsträgern aus der syro-malabarischen Kirche in Indien und in der Schweiz zeugen von grossem Einsatz für die Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen.

Prädikat:

sehr gut

 

 

 

Gymnasium Liestal
Lehrerin: Maja Ruef