Als ich erfuhr, dass ich beim Finale des Schweizer Jugend forscht Wettbewerbs einen Sonderpreis gewonnen hatte, konnte ich es zuerst kaum glauben. Zuvor hatte ich von dieser Inselgruppe noch nie gehört, als ich nach der Preisverleihung nachschaute, war ich sofort extrem aufgeregt: Die Azoren liegen mitten im Atlantik! Anschließend informierte ich mich über die Organisation Sail & Explore und erfuhr, dass sie sich mit dem Thema Mikroplastik beschäftigen – ein Thema, das mich schon lange interessiert. Auf der Website las ich ausserdem, dass man rund um die Azoren viele Meerestiere beobachten kann. Das war ein weiterer Grund, mich riesig auf dieses Abenteuer zu freuen. Nach wenigen schnell vorbeiziehenden Wochen stand ich schon früh am Morgen gemeinsam mit Nicole Fuhrimann am Flughafen Zürich vor unserem Gate und los ging es. Nach einem langen Anreisetag kamen wir endlich in der Marina an und gingen direkt los, um Essen für die ganze Woche einzukaufen. Im Einkaufszentrum trafen wir auch direkt auf unsere anderen Crew-Mitglieder und wir wurden herzlich aufgenommen.


Neue Freundschaften
Zu Beginn war ich sehr nervös, denn ausser Nicole, mit der ich gemeinsam angereist war, kannte ich niemanden. Doch meine Aufregung stellte sich als völlig unnötig heraus: Alle sechs anderen Teilnehmer*innen sowie unser Skipper Felix und Expedition Leader Preston waren unglaublich nett und offen. In dieser Woche lernte ich viele grossartige Menschen kennen, alle mit ganz unterschiedlichen Geschichten. Mit ihnen konnte man nicht nur ernste Gespräche führen, sondern auch unendlich viel lachen. Da das Alter der Crew von mir als jüngste Person mit 18 Jahren bis zu 69 Jahren reichte, kamen sehr viele verschiedene Gespräche zustande aber auch die unterschiedlichen Hintergründe und Lebenserfahrungen führten zu spannenden und schönen Gesprächen. Doch besonders das gemeinsame Kochen, Einkaufen und die enge Zusammenarbeit an Bord haben uns richtig zusammengeschweisst.


Forschung: Mikroplastik im Atlantik
Das Thema Mikroplastik im Meer hat mich schon immer beschäftigt, fasziniert, aber auch beängstigt. In den sieben Tagen habe ich durch die „Lectures“ von Preston unglaublich viel Neues gelernt oder auch älteres Wissen aus der Schule wieder aufgefrischt. Zum Beispiel lernte ich dazu, dass es gar nicht so viele „Garbage Patches“ gibt, wie oft dargestellt, oder dass man in den Ozeanen weniger Makroplastik sieht, als man denkt. Der Großteil ist unsichtbar und wird erst durch Probenahmen sichtbar gemacht.
Wir haben unsere Proben mit einem sogenannten Manta-Trawl sowie einer Doppelnetz-Methode von der Wasseroberfläche des tiefen Atlantiks entnommen. Das innere Netz filterte Teilchen ab 300 Mikrometer – darunter oft Federn, kleine Seegrasstücke oder sogar winzige Fische, aber eben auch kleine Plastikteilchen. Das äussere Netz filterte Teilchen zwischen 50 und 300 Mikrometer, wobei wir viele Polymerfasern fanden.
Die schiere Menge an kleinen, unsichtbaren Plastikpartikeln, die wir so „sichtbar“ machen konnten (alle werden erst später im Labor sichtbar, aber man konnte trotzdem schon viele Teilchen und Fasern erkennen), hat mich schockiert. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Wassermenge, die wir probenahmen, nur einen extrem winzigen Bruchteil des Ozeans darstellt. Das hat mir die Dimension dieses Problems erst richtig vor Augen geführt. Noch dazu kommt Nanoplastik, das wir bei unserer Sammlung gar nicht erfassen konnten. Diese Arbeit war unglaublich spannend und eindrücklich und gleichzeitig hat sie mich nachdenklich gemacht: Wie können wir diesem Problem überhaupt begegnen? Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht.
Segeln, unvergessliche Momente und Meerestiere
Dies war meine allererste Zeit auf einem Segelboot, ich hatte also keine Ahnung, was mich erwartete. Dank Skipper Felix lernten wir aber schnell die Grundlagen: verschiedene Knoten, wie man Fender befestigt, welche „Lines“ es gibt, wie man sich vor einem Segeltag über das Wetter informieren muss, was «tacking» bedeutet, wie man ein Boot im Hafen anbindet und wie man es zum Wind positionieren soll. Anfangs war alles noch ziemlich chaotisch und unorganisiert, aber gegen Ende der Woche fühlten wir uns schon fast wie eine richtige «good Crew». Wenn man mit dem Boot über das Meer fährt, gibt es einem ein Gefühl von Freiheit, man ist weg von all dem Stress des Alltags, nur umgeben vom Blau des Meeres, spürt die Wellen und den Wind im Gesicht. Ich habe gemerkt, wie viel Spass das gemeinsame Segeln macht – und ich möchte unbedingt noch mehr darüber lernen und wieder erleben.
Ein Highlight waren die Begegnungen mit Meeressäugern: Wir sahen in etwas weiteren Entfernung Delfine und Wale wobei es sich vermutlich um Pilotwale handelte. Am letzten Tag sahen Preston und eine Crew Mitglied sogar einen Pottwal aus dem Wasser springen. Delfine so in der Wildnis erleben zu dürfen, war für mich ein unvergesslicher Moment, der für immer in meinem Herzen bleiben wird. Auch das Schwimmen im offenen Meer war unglaublich eindrücklich – wenn man abtauchte und nur endloses Blau um sich herum sah, wurde einem die unfassbare Tiefe dieses Ozeans erst richtig bewusst.


Persönliche Erkenntnisse
Auf dieser Reise habe ich unglaublich viel Neues gelernt: nicht nur über Mikroplastik, Polymere und das Meer, sondern auch über mich selbst. Ich habe erfahren, wie es ist, mit neuen Herausforderungen umzugehen, Verantwortung zu übernehmen und in einem völlig neuen Team zusammenzuwachsen. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, über die Grenzen der eigenen Komfortzone hinauszugehen. Gleichzeitig ist mir klar geworden, dass wir Plastik wahrscheinlich nie vollständig aus unserem Alltag verbannen können – aber wir müssen bessere Wege finden, es zu produzieren, zu verwenden und zu entsorgen, um die Verschmutzung unserer Umwelt einzudämmen. Die ganze Welt muss gemeinsam gegen dieses Problem ankämpfen, denn wir alle sind dafür verantwortlich.
Fazit
Diese Segel- und Forschungsexpedition auf den Azoren wird für mich für immer unvergesslich und prägend bleiben. Ich bin extrem dankbar, dass ich diese Möglichkeit von Mare Nostrum bekommen habe und ich hoffe, das Gelernte und Erlebte auch in meinem Alltag weiterzutragen.