Physik | Technik

 

Cris Schoenmacker, 2002 | Adligenswil, LU

 

Heutzutage haben viele Menschen mit Amputationen keinen Zugang zu sogar simplen Prothesen. Dies lieg an den hohen Kosten von Prothesen und dem Mangel an ausgebildetem Personal um diese herzustellen. Durch den 3D-druck ist es nun möglich Prothesen zu einem kleinen Preis zu produzieren, sowie diese von überall auf der Welt anzupassen. Somit fallen die Werkzeuge um Prothesen herzustellen in die Hände von normalen Menschen. Nun stellt sich die Frage, ob unerfahrene Personen Prothesen schaffen können, welche mit den kommerziell hergestellten Prothesen mithalten können.

Fragestellung

In dieser Arbeit wurde untersuch ob eine unerfahrene Person eine eigenkraft-Unterarmprothese mittels 3D-Druck herstellen kann, welche eine vergleichbare Funktionalität aufweist wie eine kommerzielle eigenkraft-Unterarmprothese. Folglich lautet die Hypothese so: Eine unerfahrene Person kann mittels 3D-Druck eine eigenkraft-Unterarmprothese herstellen, welche eine vergleichbare Funktionalität aufweist wie eine kommerzielle eigenkraft-Unterarmprothese.

Methodik

Die Prothese wurde in der Software Blender 2.8 modelliert und mit dem 3D-Drucker Artillery Sidewinder X1 gedruckt. Das verwendete Material war Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS), ein häufig verwendetes Druckerfilament.
Um die Funktionalität zu messen wurden zwei standardisierte Experimente durchgeführt und mit den Ergebnissen von Prothesen aus einer anderen Studie verglichen. Die Experimente wurden mit Personen ohne Amputationen durchgeführt. Um dies zu ermöglichen wurde ein Prothesensimulator gebaut, welcher am Handgelenk der nicht-dominanten Hand angebracht wurde. Die durchgeführten Experimente waren der Box and Block Test, bei welchem die Probanden Holzwürfel innerhalb eines Zeitlimits von einem Kompartiment in einer Kiste zum anderen bewegen mussten, und der Nine-Hole Peg Test, bei welchem die Probanden Holzstäbe innerhalb eines Zeitlimits in ein Brett mit 9 Löchern platzieren mussten. Ebenfalls wurde ein Stabilitätstest an der Prothese durchgeführt zu Zwecken der Dokumentation.

Ergebnisse

Beim Belastbarkeitstest brach die bewegliche Seite des Hakens an der Drehachse bei einem Gewicht von 3.8kg. Die unbewegliche Seite brach an der Verbindungsstelle zwischen Haken und Schaft bei einem Gewicht von 2.5kg.
Beim Box and Block Test wies die 3D-gedruckte Prothese einen Durchschnitt von 22.7 bewegten Holzwürfel auf, sowie einen Median von 22 mit einer Standardabweichung von 5.1. Beim Nine-Hole Peg Test betrug der Durchschnitt von Sekunden pro Platzierung eines Holzstabs 6.3, sowie einen Median von 5.7 mit einer Standardabweichung von 3.7.

Diskussion

Im Vergleich zu der 3D-gedruckten Prothese standen die Otto Bock Hand, der TRS Grip sowie der Hosmer Hook. Die 3D-gedruckte Prothese wies im Box and Block Test sowohl wie im Nine-Hole Peg Test eine signifikant bessere Leistung zur Otto Bock Hand, eine signifikant schlechtere Leistung zum Hosmer Hook und keinen signifikanten Unterschied zum TRS Grip auf. Somit hat die 3D-gedruckte Prothese eine vergleichbare Funktionalität zu der des TRS Grips. Damit wurde die Hypothese bestätigt. Der Stabilitätstest zeigte die Schwachstellen der Prothese. Diese können mit leichten Modifikationen verstärkt werden. Ebenfalls ist es möglich die Stabilität weiter zu erhöhen mittels eines Gerüsts, welches an der Aussenseite des Hakens angebracht wird. Eine andere Materialwahl hätte einen möglichen Einfluss auf die Stabilität der Prothese. ABS ist sehr starr und verformt deswegen nur wenig, jedoch hat dies auch zur Folge, dass es leichter bricht. PLA hingegen ist ein weicheres Material und bricht somit nicht so leicht.

Schlussfolgerungen

Da die 3D-gedruckte Prothese keinen signifikanten Unterschied zum TRS Grip aufwies, wurde die Hypothese bestätigt. Es ist möglich, dass eine unerfahrene Person eine 3D-gedruckte Prothese herstellen kann, welche eine vergleichbare Funktionalität zu einer kommerziell hergestellten Prothese aufweist. Dies könnte vielen Menschen mit Amputationen Hoffnung geben, welche möglicherweise nicht die Finanziellen Mittel haben, um eine kommerzielle Prothese zu kaufen.

 

 

Würdigung durch den Experten

Dr. Maurizio Gullo

Additive Fertigungsverfahren ermöglichen in der Orthopädie innovative Anwendungsmöglichkeiten. Wie von Herrn Schoenmacker richtig erkannt, sind Handprothesen in ärmeren Ländern meist nicht erschwinglich. Seine Funktionsvergleichsstudie einer kostengünstigen Handprothese, erörtert das potenzial eines alternativen Lösungsansatzes. Herr Schoenmacker hat nicht nur die Fragenstellung mit grosser Motivation angepackt, sondern auch seinen Lösungsansatz mit viel Ausdauer an mehreren Patienten erprobt. Die Arbeit überzeugt zudem auch durch ihre Relevanz und Interdisziplinarität.

Prädikat:

hervorragend

Sonderpreis Odd Fellows – Taiwan International Science Fair (TISF)

 

 

 

Gymnasium St. Klemens, Ebikon
Lehrer: Samuel Schaffhauser