Chemie | Biochemie | Medizin

 

Florim Bunjaku, 2002 | Rupperswil, AG
Andrin Liechti, 2002 | Küttigen, AG

 

Unter Urban Heating versteht man eine Hitzeinsel in der Innenstadt, die erheblich wärmer ist als ihr Umland. Dies hat verschiedene Ursachen wie die geringe Wasserverdunstung durch die vielen versiegelten Flächen, die Absorption von Sonnenstrahlung oder die Hinderniswirkung von Gebäuden. Das Phänomen, welches durch den Klimawandel und die dadurch steigenden Temperaturen begünstigt wird, hat nicht nur Folgen für die Gesundheit der immer älter werdenden Bevölkerung, sondern wirkt sich auch negativ auf unser Wohlbefinden und unsere körperliche sowie kognitive Leistungsfähigkeit aus. Mithilfe von zwei Experimenten identifizierten wir Wärmehotspots in der Stadt Aarau und untersuchten, wie sich die zunehmende Hitze in den Innenstädten auf den menschlichen Körper und die kognitive Leistung auswirkt.

Fragestellung

(I) Wie entsteht Urban Heating? (II) Wo finden sich sogenannte «Wärmehotspots» in Aarau? (III) Wie reagiert der menschliche Körper auf die zunehmende Hitze in den Innenstädten? (IIII) Welche Auswirkungen hat die erhöhte Temperatur auf die kognitive Leistungsfähigkeit (v.a. Konzentration) von Kindern? Neben den Fragestellungen wurden für beide Experimente jeweils zwei Hypothesen aufgestellt.

Methodik

Für den Konzentrationstest benutzten wir einen modifizierten d2-R-Test, den wir von 42 Probanden im Alter von 13 bis 15 Jahren lösen liessen. Jeder Proband löste den Test einmal bei Hitze (38 Grad) und danach einmal bei kühlerer Temperatur (22 Grad). Zudem wurde jeweils ein Fragebogen zum Wohlbefinden und zur Eigenwahrnehmung der Konzentration ausgefüllt. Dazu wurden von jedem Proband Aufnahmen mit der Wärmebildkamera erstellt, um die Körperaussentemperatur zu analysieren. Für die Temperaturmessung wurden 12 verschiedene Messstandorte, aufgrund ihrer Umgebungsbeschaffenheit in der Innenstadt und in der nahen Umgebung der Stadt Aarau ausgewählt. Während der Messperiode vom 26. Juli 2021 bis 26. August 2021 wurden insgesamt 20 Messungen durchgeführt. Die einzelnen Messungen wurden etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang durchgeführt, da zu diesem Zeitpunkt der Hitzeinseleffekt am stärksten ausgeprägt ist.

Ergebnisse

Bei 36 von 42 Teilnehmenden konnten im d2-R-Test bei tieferen Temperaturen bessere Leistungen festgestellt werden. Die Spannweite der Verbesserung erstreckt sich von -21,6% bis +202,8%. Die durchschnittliche prozentuale Verbesserung aller Teilnehmenden beträgt 35%. Die drei Fragen des Fragebogens konnten jeweils mit Punkten von null bis fünf bewertet werden. Das arithmetische Mittel der Verbesserung in Punkten der insgesamt drei Fragen zum Wohlbefinden, zur Anstrengung und zur Konzentration, liegt bei 0,9 Punkten (15%). Bei der Temperaturmessung war die niedrigste gemessene Tageshöchsttemperatur (Referenz um 17 Uhr) bei 16 Grad, die höchste gemessene Tageshöchsttemperatur bei 31,2 Grad. Je höher die Tageshöchsttemperatur war, desto grössere Temperaturunterschiede konnten zwischen den einzelnen Standorten gemessen werden. Am Tag mit der höchsten Tagestemperatur konnte eine Temperaturspannweite von 6,3 Grad gemessen werden, mit der höchsten gemessenen Temperatur bei 29,5 Grad und der niedrigsten Temperatur bei 23,2 Grad.

Diskussion

Kinder haben in einer Umgebung mit erhöhter Temperatur eine schlechtere Konzentrationsfähigkeit, sowie eine negativere Gefühls- und Empfindungslage. Damit können beide Hypothesen bestätigt werden. Eine mögliche Begründung für die Verbesserung bei kühler Temperatur ist, dass der menschliche Körper bei Hitze stark beansprucht wird und deshalb nicht die volle Leistung für das Lösen der Tests abgerufen werden kann. Bei unserer gewählten Methode kann ein Lerneffekt nicht ausgeschlossen werden, was man mit einer Cross-over Studie lösen könnte. Bei der Temperaturmessung konnte im Umland und in der Nähe von kaltluftproduzierenden Elementen wie Grün- oder Wasserflächen tiefere Temperatur gemessen werden. Auch hier können beide Hypothesen bestätigt werden. Generell hat sich die Vermutung bestätigt, dass die Wärmehotspots in Aarau besonders dort auftreten, wo der Boden dicht versiegelt ist, Grün- oder Wasserflächen fehlen oder ausgeprägter Verkehr besteht.

Schlussfolgerungen

Um das Problem von Urban Heating zu lösen, ist es wichtig in der Stadt Grün- oder Wasserflächen zu schaffen, welche tagsüber durch ihre Verdunstungskälte für Abkühlung sorgen. Auch Wälder weisen durch ihre Kaltluftströmungen ein grosses Abkühlungspotenzial auf. In Zukunft ist es also wichtig eine Vielzahl von Faktoren bei der Planung von neuen Bauten zu berücksichtigen oder bestehende Strukturen zu verändern.

 

 

Würdigung durch den Experten

Florian Schulte

In «Urban Heating und dessen Einfluss auf den Menschen» zeigen die Autoren eine Reduktion der kognitiven Leistungsfähigkeit und des subjektiven Wohlbefindens von Kindern bei Hitze. Umfangreiche Temperaturmessungen in der Stadt Aarau identifizieren Wärmehotspots und den Zusammenhang zwischen Bebauung und Temperatur. Fundierte Kenntnis der theoretischen Grundlagen, saubere Hypothesenbildung, wissenschaftlich einwandfreies Design und Durchführung, sowie die schlüssige Diskussion und Beurteilung der Ergebnisse unter Berücksichtigung der (überschaubaren) Limitationen zeichnen die Arbeit aus.

Prädikat:

sehr gut

 

 

 

Alte Kantonsschule Aarau
Lehrerin: Melanie Kyburz