Gestaltung | Architektur | Künste

 

Tamara Tremonte, 2000 | Hombrechtikon, ZH

 

Das Thema meiner Maturitätsarbeit ist die Hypothese und die daraus resultierende Suche nach der Verbindung und Gleichheit von Pflanzen und Menschen sowie das Bestreben, dies in einer gestalterischen Form darzustellen. Inspiriert von den Gesetzen der Gestalttheorie/Gestaltpsychologie der 1920er Jahre habe ich Fotografien von pflanzlichen und menschlichen Strukturen aufgenommen. Die Bildpaare basieren auf einem vertieften Beobachtungs- und Entwurfsprozess und sind so zusammengestellt, dass sie bei den Betrachtenden nicht ausschliesslich neurophysiologisch erklärbare Übereinstimmungs-Effekte erzeugen, sondern auch unerwartete Assoziationen wecken. Bild und Text ineinander verwebend, führt das Gedicht von Arno Holz «Sieben Septillionen Jahre», das von der menschlichen Vergänglichkeit und der Metamorphose vom Menschen zur Pflanze spricht, durch das Buch. Der entstandene Bildband erweitert die Fähigkeiten des Sehsinnes durch haptische Qualitäten und stimuliert den Tastsinn durch das Auge.

Fragestellung

Wie können Ähnlichkeit und Verbundenheit von Pflanze und Mensch mit Bildern vermittelt werden? Organische Strukturen und Elemente von Mensch und Flora sind seit Urzeiten dieselben und haben sich über Jahrmillionen hinweg parallel zueinander entwickelt. Diese Ähnlichkeiten sind bis heute erhalten. Gerade in der aktuellen Zeit, in der die Natur geringe Wertschätzung durch uns Menschen erfährt, ist es umso bedeutsamer und dringlicher, sich dieses Neben- und Miteinander vor Augen zu führen.

Methodik

Im Arbeitsjournal hielt ich meine Recherchen und Gestaltungsstudien fest. Die über 1500 eigenen, im Alltag mit dem Handy fotografierten Bilder ordnete ich auf der Suche nach Paaren regelmässig neu. Die Bildpaare sollten den gemeinsamen Nenner von Pflanze und Mensch im direkten Vergleich hervorheben und illustrieren. Gestützt auf die Gestalttheorie und deren Gesetze hob ich die Gemeinsamkeiten der Parallelbilder anhand gezielter, minimer Bearbeitung mit Photoshop hervor. Die Gestaltpsychologie setzt sich mit der menschlichen Wahrnehmung auseinander und beschreibt die Fähigkeit unseres Gehirns, Strukturen und Ordnungsprinzipien aus visuellen Sinneseindrücken zu erkennen und kognitiv weiterzuverarbeiten. Um eine passende Formgebung zu finden die meine Hypothese am besten vermittelt, erstellte ich diverse Maquetten. Das Endprodukt gestaltete ich mit InDesign.

Ergebnisse

Meine Forschungen führten zum Medium Buch. Layout, Schrift, Papier, Bindung sowie Cover wählte und gestaltete ich so, dass die Bilder, die meine Hypothese (Wir Pflanzen in Menschen Wir Menschen in Pflanzen) verkörpern und veranschaulichen, im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Der Bildband beinhaltet 74 Seiten, inklusive Inhaltsverzeichnis mit Verweis auf die Gestalttheorie plus Vorwort und Danksagung, welche beide handschriftlich verfasst sind. Meine Hypothese kann mit mehreren Sinnen und Eindrücken erfahren werden und erhält durch die Lyrik eine weitere Dimension. Aktuell gestalte ich vertiefend und ergänzend ein Begleitheft zum Bildband. Dieses verknüpft mein umfangreiches Arbeitsjournal mit dem Buch und gewährt Einblicke ins making of, meine Inspirationsquellen und Querbezüge zu bestehenden Werken. Resultat meiner Forschung sind zahlreiche Bildpaare, die meine These der Gleichheit und Ähnlichkeit von Mensch und Pflanze visualisieren. Die eher unübliche Strategie mit schönen Bildern, anstelle von Weltuntergangsszenarien, die Aufmerksamkeit auf den katastrophalen Klimawandel zu lenken, soll mit den sinnlichen Parallelbildern ein Gefühl der Empathie und tiefen Verbundenheit mit den uns so ähnlichen Pflanzen erwecken. Mit dem erhofften Effekt, dass uns bewusst wird, dass wir Menschen zerstören, wenn wir Pflanzen zerstören.

Diskussion

Die auf der Gegenüberstellung von Parallelbildern basierende Buchgestaltung stützt meine Hypothese. Darüber hinaus stelle ich fest, dass durch die Öffnung mehrerer Wahrnehmungsebenen, mehr Menschen angesprochen werden. Mein Vorgehen und die gewählte Methodik haben mir meine Hypothese bestätigt. Vor der SJf fehlte das Begleitheft, welches meine Gedanken hinter dem making of sichtbar macht und dazu einlädt, in vertiefende, vernetzende Dimensionen einzutauchen.

Schlussfolgerungen

Meine Hypothese der Ähnlichkeit und Verbundenheit von Mensch und Pflanze wird durch die Bildpaare belegt. Der Bildband lässt den Betrachtenden viel Raum für die eigene Auseinandersetzung und vertiefende Gedanken. Das Begleitheft liefert Hintergrundinformationen und zeigt die Gedankengänge der Autorin auf.

 

 

Würdigung durch die Expertin

Susanne Käser

Tamara Tremonte hat mit ihrer Arbeit zu einem Thema von hoher gesellschaftlicher Relevanz beigetragen. In einer sensiblen, bildbasierten Untersuchung gelingt es ihr, Parallelen zwischen Menschen und Pflanzen aufzuzeigen, sowie Denkanstösse über unsere individuellen Beziehungen zu Pflanzen anzuregen. Frau Tremonte vermittelt ein dringliches Anliegen auf motivierende und einfühlsame Weise und grenzt sich so von bestehenden Arbeiten auf dem Gebiet ab. Besonders gut gelungen ist ihr die vertiefte formale und inhaltliche Auseinandersetzung in der Gegenüberstellung von Bildern.

Prädikat:

hervorragend

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Liceo Artistico, Zürich
Lehrer: Bernhard Giger