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Benedikt Schäfer, 2001 | Schüpfheim, LU

 

Leni Riefenstahls Ruf als Hitlers Regisseurin gründet sich auf einen Film, der sich bis heute tief im kollektiven Gedächtnis verankert hat: auf Triumph des Willens.
Nach Riefenstahls eigenen Angaben ist Triumph des Willens ein „Dokument des Reichsparteitags 1934“. Bei der Klärung der Frage, ob es sich bei diesem Film um einen Dokumentar- oder um einen Propagandafilm handelt, stütze ich mich auf Äusserungen über das Wesen der Propaganda, die im Film vorgebracht werden und als selbstreferentiell gelten können. Diesen Äusserungen zufolge soll Triumph des Willens die Begeisterung, die auf dem Reichsparteitag zu spüren gewesen sein soll, nicht nur dokumentieren, sondern auch auf sein Publikum übertragen. Das Dokumentarische dient also dem Propagandistischen. Wie stark Propaganda den dokumentarischen Charakter des Films überlagert, lässt sich ausserdem durch den Nachweis der gezielten Anwendung nationalsozialistischer Bildsprache aufzeigen. Immer wieder wird die Ikonographie nationalsoziali

Fragestellung

Leitfrage meiner Arbeit ist, was einen Propagandafilm ausmacht. Riefenstahls Film stellt in dieser Hinsicht eine besondere Herausforderung dar, da er sich als authentisches Dokument gibt. Ich untersuche daher, wie hier der Begriff zu verstehen ist und inwieweit er sich mit dem Begriff der Propaganda zur Deckung bringen lässt. Darüber hinaus frage ich nach den Strategien der ideologischen Vereinnahmung des Publikums.

Methodik

Neben der zeitgeschichtlichen und der ideologiekritischen Methode stütze ich mich auf die Analyse der Form (Erzählweise des Films, Einsatz der Kamera) und der visuellen Struktur des Films. Intertextuellen Einflüssen z.B. durch andere Filme wird ebenfalls nachgegangen. Auch genderspezifische Fragen werden berücksichtigt

Ergebnisse

„Dokument des Reichsparteitags 1934“, soll Triumph des Willens die Vergegenwärtigung eines realen, starken Erlebnisses von nationaler Bedeutung sein. Der Film sollte zu einem „Neuerlebnis“ werden und zwar zum Neuerlebnis jener Begeisterung, die angeblich auf dem Reichsparteitag zu erleben war. Sein tragendes Prinzip ist das Prinzip der Wiederholung.
Die nationalsozialistische Ideologie wird dabei subtil vorgetragen: In der gezielten Auswahl blonder Jungen und Mädchen schlägt sich die nationalsozialistische Rassenkunde. Die streng geometrische Anordnung der Massen auf dem Parteitagsgelände veranschaulicht die soziale Gleichstellung, die angeblich innerhalb der so genannten Volksgemeinschaft erreicht wird. Zugleich führt der Film immer wieder die Identifikation Hitler mit der Volksgemeinschaft vor. In der Darstellung der Frauen betont Riefenstahl Mütterlichkeit und Hingebung an den Führer. Das nationalsozialistische Modekonzept (lange Röcke, Haarknoten, Zöpfe) wird nachhaltig gestützt. Der Vergleich mit Filmen von Sergej Eisenstein, insbesondere mit Oktober, lässt die Eigenart der nationalsozialistische Ideologie noch deutlicher hervortreten. Überraschend ist, dass sich Riefenstahl in ihrer Bildsprache auf bestimmte Szenen in Oktober bezieht. Die Anfangssequenz von Triumph des Willens kann als eine direkte Antwort auf die Anfangssequenz von Oktober interpretiert werden.

Diskussion

In der Frage, ob Triumph des Willens ein Propagandafilm ist, bestätige ich die mittlerweile herrschende Meinung: Riefenstahls Film ist Propaganda, auch wenn er sich als „Dokument“ ausgibt. Anders als die bisherige Forschung gehe ich jedoch von Riefenstahls Gebrauch des Begriffs „Dokument“ aus. Der Film ist für sie Dokument nicht eines äusseren Geschehens, sondern eines psychischen Erlebnisses, das durch das Filmdokument neu belebt wird. Die Filmwissenschaft tut sich mit Vergleichen zwischen Riefenstahl und Eisenstein schwer. Meine Analyse zeigt jedoch deutliche Anleihen bei der Bildsprache Eisensteins.

Schlussfolgerungen

Riefenstahls Film soll dabei ein psychisches Erleben wiederholbar machen. Propaganda beruht auf dem Prinzip der Wiederholung. Das schlägt sich auch in Wiederaufnahme vorhandener Bildsprache nieder. Dabei kann Propaganda in Kommunikation mit der Propaganda anderer politischer Systeme treten, wie die Bezüge zu Eisensteins Oktober zeigen.

 

 

Würdigung durch den Experten

Dr. David Häni

Benedikt Schäfer untersucht in seiner bemerkenswerten historischen Studie den Film „Triumph des Willens“ von Leni Riefenstahl aus der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Anhand einer differenzierten Analyse zeigt er auf, dass es sich bei ihrem Film über den Reichsparteitag von 1934 zweifellos um ein Instrument nationalsozialistischer Propaganda handelt. Damit widerlegt er die viel kritisierte Schutzbehauptung der Regisseurin, die meinte, ihr Werk sei lediglich ein Dokumentarfilm. Zu den Stärken der Arbeit gehören ihre sprachliche Qualität und die sorgfältigen Literaturverweise.

Prädikat:

sehr gut

 

 

 

Kantonsschule Schüpfheim
Lehrer: Michel Charrière