Bericht vom London International Youth Science Forum 2023 – geschrieben von Cristiano

Als ich am Finale des Nationalen Wettbewerbs von Schweizer Jugend forscht zum ersten Mal erfahren habe, dass ich für zwei Wochen nach London an ein internationales wissenschaftliches Forum gehen darf, war das für mich der Start in eine komplett neue Welt. Ähnlich wie das Gefühl, das ich hatte, als ich erfuhr, dass ich die Ehre habe, am Finale des Nationalen Wettbewerbs in St. Gallen teilzunehmen. Nur, dass ich bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal völlig alleine ohne Freunde oder Verwandte für mehrere Wochen in ein für mich völlig neues fremdes Land gehen durfte, was natürlich sehr spannend und aufregend klang, aber trotzdem gewisse Unsicherheiten in mir weckte. Wie wird das wohl? Komme ich so ganz alleine klar in einem fremden Land? Ist mein Englisch wirklich genug gut, um mich dort zu verständigen? Und so weiter.



Wie hast du dich auf deine Reise vorbereitet?

Um ehrlich zu sein, war das in meinem Fall eine etwas kompliziertere Geschichte. Das Problem war anfangs nämlich, dass das LIYSF sich mit meiner Sommer RS überschnitt und wie manche vielleicht wissen, ist es nicht gerade einfach während dem Militärdienst zwei Wochen Urlaub zu erhalten. Wie auch immer, gelang es mir trotzdem das Urlaubsgesuch bewilligt zu bekommen. Als  Nächstes musste ich noch einen Reisepass beantragen, da diese Reise für mich die erste war, für die ich einen Reisepass benötigte. Ausserdem hatte ich die Möglichkeit noch vor der Abreise nach London meine Module also (specialists lectures and visits) zu wählen.



Wer war die erste Person, die du während deiner Reise getroffen hast? 

Die erste Person, die ich in London an dem Forum traf, war wahrscheinlich Jan aus Deutschland. Jan war auch mal Teilnehmer am Forum und war dieses Jahr wieder in London, um als Staff Mitglied das Forum zu unterstützen. Er holte mich ab, da ich am Ankunftstag am Abend das Hotel nicht finden konnte. Ich war sehr erleichtert, jemanden zu haben, der mir den Weg ins Hotel zeigte. Ausserdem fiel mir direkt seine offene und positive Art auf, die mich sehr beeindruckte und, die das Forum schon im Voraus ziemlich gut beschrieb. Offen, positiv und voller junger Energie.



Was also war die Mission, die du während deines Aufenthalts erreichen wolltest? Was hast du getan, um sie zu erreichen?

Mein grösstes Ziel in London war wahrscheinlich möglichst viele Menschen kennenzulernen, die gleichgesinnt sind wie ich. Seien es Professoren, Staff Member oder Teilnehmende des Forums. Menschen, die sich für Naturwissenschaften begeistern und offen sind für die Veränderungen, die der Fortschritt in diesen Wissenschaften in der Gesellschaft hervorbringen kann. Natürlich gehört dazu auch ein gewisser Austausch über diese Themen mit den Leuten. Die beste Methode, um dieses Ziel zu erreichen, war für mich ganz klar Offenheit. Offen für andere Meinungen und offen für neue Kulturen und Menschen. Ein weiterer wichtiger Punkt, um dieses Ziel zu erreichen, war Neugier. Überhaupt einen gewissen Drang zu verspüren, neue Kulturen, Menschen und Meinungen überhaupt kennenzulernen.

Welchen spannenden, inspirierenden und besonderen Menschen hast du getroffen?

Ein sehr interessanter und mit Sicherheit besonderer Mensch für mich im Forum, war mein Zimmerpartner Jan aus Polen. Wir sind gleich alt und somit im Leben etwa am gleichen Standpunkt, jedoch wahrscheinlich mit ganz anderen Sichtweisen. Sowohl er als auch ich sind beides sehr interessierte junge Menschen. Vor allem, wenn es um Naturwissenschaften geht. Ich muss aber trotzdem sagen, dass unsere Standpunkte zu gewissen Themen nicht ganz identisch gewesen sind, was wahrscheinlich sogar gut war. Nur durch Austausch und Diskussion lassen sich bessere Schlüsse und Meinungen zu einem Themengebiet schliessen. Ausserdem tat es mir wahrscheinlich sehr gut, solche Diskussionen auch mal auf  Englisch durchzuführen. Argumentieren und seinen Standpunkt klar äussern zu können auf Englisch ist etwas, was ich wahrscheinlich sehr oft in meinem Leben noch brauchen werde.

Wer war dein Gegner?

Ich glaube fest daran, dass der grösste Gegner des Menschen sein eigener Mangel an Willenskraft ist. Also somit so Sachen wie Faulheit, zu hoher Komfort, Schüchternheit und noch viele weitere. Als Neuling in einem fremden Land ist es nicht immer einfach, offen zu sein. Vor allem, wenn man bedenkt, dass man eine, für die Meisten, ungewohntere Sprache sprechen muss. Oftmals ist es so, dass man dadurch Mühe hat sich richtig auszudrücken und es können durchaus auch peinliche Situationen daraus entstehen, jedoch gehört das zum Lernen dazu und ist etwas, das jeder beherrschen sollte. Auch jeden Morgen früh aufstehen, um eine Vorlesung zu besuchen, die man theoretisch einfach überspringen könnte, um etwas mehr zu schlafen, ist etwas, was mit Faulheit zu tun hat und eine gewisse Selbstdisziplin erfordert.



Beschreibe den Ort, an dem dein Abenteuer stattfand. Warst du zum ersten Mal in London? Wenn ja, wie waren deine Eindrücke? Wenn nicht, was ist diesmal anders?

Ich war zwei Wochen lang am LIYSF, welches, wie der Name schon sagt, in London stattfand. London war für mich eine völlig neue Stadt und auch ein völlig neuer Typ von Stadt. Es war für mich das allererste Mal in einer solchen riesigen Stadt. Jedoch muss ich sagen, dass sie sowohl positive Eindrücke hinterliess als auch negative. Einerseits war es für mich atemberaubend eine Stadt bestehend aus so vielen Kulturen zu sehen, jedoch fand ich es auch unglaublich eine Stadt, die eine solch riesige Infrastruktur hat, zu sehen. All diese unfassbaren Gebäude und Komplexe waren einfach fantastisch. Natürlich auch das riesige Angebot an Freizeitmöglichkeiten war nicht zu fassen. Wir konnten unfassbar großartige Aktivitäten machen. Jedoch gab es auch Eigenschaften Londons, die ich nicht besonders einladend fand. Einerseits waren da, die riesigen Menschenmengen bei den U-Bahn-Stationen und auf den Strassen, die mich wie ein Tier in einer Massentierhaltung fühlen liessen. Aber auch das Essen muss ich ehrlich gestehen, schmeckt mir in der Schweiz besser.

Ist während deines Aufenthalts etwas Unvorhergesehenes passiert?

Bevor ich die Kaserne verliess – ich musste meinen Urlaub direkt aus der Kaserne antreten und hatte ich keine Möglichkeit, vorher noch nach Hause zu gehen – hatte ich mir ehrlich gesagt noch kein wirkliches Bild vom Aufenthalt in London gemacht. Somit ist es schwierig zu sagen, was unvorhergesehen war und was nicht. Jedoch kann ich mit Sicherheit sagen, dass die zweistündige Verspätung meines Hinflugs sicherlich nicht so eingeplant war.

Musstest du deine Arbeit vor einem Publikum präsentieren oder sonst einen aktiven Beitrag leisten, wie hast du dich dabei gefühlt?

Ich musste weder meine Arbeit, noch sonst einen aktiven Beitrag, in einer sehr grossen Gruppe teilen. Jedoch gab es gewisse Teilnehmende, die trotzdem von sich aus nach meiner Arbeit nachfragten. Während des Erzählens über meine Arbeit habe ich mich immer wieder mal zurückversetzt in die Zeit, in der ich meine Arbeit schrieb. Ich empfand Gefühle wie Leidenschaft, Stolz und Erfülltheit. Aber auch Gefühle wie Zweifel. In der Forschung war es für mich nicht immer einfach, positiv zu bleiben. Manchmal kommen halt einfach Fragen im eigenen Kopf auf wie, werden die Resultate überhaupt vielversprechend oder können diese Resultate stimmen oder gab es technische Fehler in der Methodik und so weiter.



Wie hast du diese Herausforderung gemeistert? Welchen Plan hast du geschmiedet und wie lautet die Auflösung deiner Geschichte?

Mit der zweistündigen Verspätung bin ich gut klargekommen. Ich bekam an diesem Abend zwar kein Abendessen, habe es jedoch trotzdem irgendwie ins Hotel geschafft. Der viel schwerere Teil, war das Überwinden neue Menschen auf eine andere Sprache anzusprechen und keine Angst davor zu haben, Fehler zu machen. Der Punkt ist, dass es hierfür keine richtige Lösungsmethode gibt. Der einzige richtige Lösungsansatz ist es wahrscheinlich, seine Angst einfach auszublenden und es einfach durchzuziehen und zu reden.

Was sind deine «Gewinne», was hast du aus dieser Erfahrung gelernt?

Aus dem gesamten Aufenthalt in London konnte ich viele verschiedene Dinge mitnehmen. Einerseits waren da alle neuen Kontakte, die ich knüpfen konnte. Alle meine Freundschaften, die ich schliessen konnte mit Leuten aus der ganzen Welt. Aber natürlich auch das Wissen, das mir, während den vielen spannenden Vorlesungen vermittelt wurde. Der wertvollste Gewinn, den ich jedoch wahrscheinlich machen konnte während dem LIYSF, war das Erlernen vieler der bisher erwähnten Softskills. Dazu gehören fremde Menschen auch auf andere Sprachen anzusprechen, allgemein meine englischen Sprachkenntnisse zu verbessern, aber auch das selbstständige Handeln und Planen, waren Dinge, die während diesem Forum äusserts gefördert wurden.

Das wichtigste Gespräch während deines Aufenthalts?

Eines der spannendsten und auch wichtigsten Gespräche in London war wahrscheinlich eines meiner vielen Gespräche mit meinem Zimmerpartner Jan. Wir diskutierten nämlich die theoretische Möglichkeit, ein Lebewesen, wie zum Beispiel eine Zelle, durch Millionen von Parametern zu simulieren. Somit könnte man tausende von Einflüssen und deren Wirkung durch nicht physische Simulationen voraussehen. Schon fast eine Art, in die Zukunft schauen zu können. Schlussendlich trieben wir es so weit, dass wir uns anfingen Gedanken zu machen, wie deterministisch unser Universum den tatsächlich ist und was denn wirklich alles vorhersehbar wäre, wenn man alle Parameter kennen würde. Zum Glück kamen wir mithilfe eines YouTube-Videos zum Schluss, dass wir nicht in einer rein deterministischen Welt leben, was dann doch sehr gruselig wäre, wenn man bedenkt, dass dadurch alles, was nach unserer Geburt passiert, schon vorprogrammiert wäre. Der Grund für das nicht völlig deterministische Weltbild liegt übrigens in der Quantenmechanik. Dadurch, dass sich bei einem Elektron nicht gleichzeitig Position wie auch Geschwindigkeit bestimmen kann, ist es ein objektiver Zufall, wo sich ein Elektron befindet.

Hast du eine Expertin/einen Experten getroffen, die oder der dir etwas Wichtiges mit auf den Weg gegeben hat?

Am letzten Tag meines Aufenthalts hielt Chemie Professor Leroy Cronin eine Vorlesung über sein Main-Research Thema, und zwar das ursprüngliche Identifizieren von Leben. Es mag zwar etwas komisch klingen, aber tatsächlich befasst er sich damit herauszufinden, welche Moleküle zu einem Lebewesen gehören und welche nicht. Die Methodik dabei war ziemlich spannend. Da Leben immer durch Evolution entsteht, probiert Professor Cronin die Entwicklung des Moleküls durch Computersimulationen und mathematische Formeln zurück zu simulieren und das mit geringem Zeitaufwand. Die Anwendung dieses Verfahrens ist zum Beispiel die Identifizierung von Leben auf neuen Planeten wie dem Mars. Diese Vorlesung, und noch viele weitere und verschiedene Besuche in Forschungseinrichtungen haben mich in meiner Studienwahl sehr viel weitergebracht. Was ich hier mit diesem Projekt demonstrieren möchte, ist das unglaubliche Potenzial, welches Computer mit starker Rechenleistung in Kombination mit Mathematik tatsächlich haben können. Es ist unvorstellbar, was die Menschheit heute schon mit solchen Computersimulationen erreicht, geschweige dessen, was sie in der Zukunft erreichen können wird.